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Dieser Artikel erschien
am 29.09.2000 in der
Siegessäule, Berlin
.Männer-Marketing
  - Ex-Neonazi organisiert heute schwule Partys

"Wie Ihnen bekannt sein dürfte, war mein Mandant früher in der rechtsradikalen Szene aktiv. Nach Verbüßung einer mehrjährigen Haftstrafe und der erfolgten Abkehr von seiner Vergangenheit hat er sein Leben neu geordnet und ist nunmehr auf dem Wege, sich eine neue Existenz aufzubauen. Der Neuanfang war ihm in der Bundesrepublik Deutschland aus naheliegenden Gründen nicht möglich, weswegen er in das europäische Ausland zog (...) Mein Mandant hat nach langen Bemühungen im Bereich "Gay-Marketing" eine Vielzahl von Geschäftskontakten in Berlin aufgebaut. Hierzu zählen Kontakte, deren Bestehen sich wegen ihres finanziellen Umfangs absolut existenztragend auswirken. Durch eine publizistische Veröffentlichung droht der Abbruch dieser Geschäftsbeziehungen. Ich muß Ihnen nicht erklären, daß dieses Ihrerseits durch die entsprechende "Färbung" eines Berichtes leicht erreicht werden kann."
Der Berliner Rechtsanwalt im Auftrag seines Mandanten B. Ewald Althans an die Siegessäule

Männer-Marketing ist offenbar ein Traumjob für Bela Ewald Althans. Für eine Promotion-Agentur in Belgien betreibt er „Gay-Marketing“ im großen Stil. Derzeit promotet er eine der weltweit größten schwulen Partys – das "Black " Blue-Festival", das Anfang Oktober in Montréal/Kanada stattfindet. Die kanadischen Veranstalter beauftragten Althans mit der Organisation von sogenannten „Pre-Parties“ in Europa. Eine solche Party für Berlin bot Althans unter dem Namen Bernd Ewald im Februar dieses Jahres auch der Siegessäule als Medienpartner und Co-Veranstalter an. Nachdem die Siegessäule abgelehnt hatte, fanden auf Initiative von Althans trotzdem mehrere „Pre-Black&Blue-Partys“ europaweit statt, unter anderem in Paris, Köln und am 9. Juli auch im Berliner „Luftschloss“.

Dazu vermittelt die Agentur Gogos für schwule Partys. So auch für die aus Schweden importierte „Propaganda Night“. Die Party hat sich in kurzer Zeit erfolgreich in der Berliner Szene etabliert. Gegenüber der Siegessäule war auf Nachfrage zumindest einem der Veranstalter die Vergangenheit seines Geschäftspartners aus Belgien gleichgültig. Am Rande der jährlichen Berliner Ledertreffen organisierte Althans für seine Firma Ausstellungen von schwulen Künstlern sowie Shows von internationalen Pornostars in Szeneläden. Althans' Agentur nahm auch am Berliner CSD 1999 teil.

Noch vor einem Jahrzehnt war Althans, Jahrgang 1966, von Beruf Neonazi und Inhaber der PR-Agentur "AVÖ" in München - das stand für "Amt für Volksaufklärung und Öffentlichkeitsarbeit." Auch damals verkaufte er Männer: zum Beispiel die Ideen des deutsch-kanadischen Neonazis Ernst Zündel. Zündel lobhudelt noch immer auf seiner Website: Althans "war jahrelang in Deutschland wie der Antrieb, der sprichwörtliche Motor, der unruhige Geist in den Reihen des nationalen Lagers, der deutsche Junge, der den radikalen Revisionismus in Deutschland in die Reihen der Rechten und Konservativen trug." Althans ist kein Nazi mehr. Warum, ist schwer zu beantworten. In einem Interview mit dem "Spiegel" (18/92) behauptete er, er sei seit seinem 14. Lebensjahr von der "Genialität Adolf Hitlers" überzeugt gewesen. Auch der Waldorf-Kindergarten, den der "deutsche Junge" besuchte, schien mit der moralischen Erziehung des kleinen Bela überfordert gewesen zu sein. Ein Richter, das behauptet Althans, habe ihm in Hannover sogar "Abiturverbot" erteilt. Und sein Vater warf ihn Mitte der achtziger Jahre aus dem Haus. "Ich war Neonazi, weil ich in einer Zeit, in der alles immer schlechter, problematischer wird, dafür kämpfen, leben wollte, dass es wieder besser wird. Das allein war das 'Tatmotiv'". Weil man für das Gute und Schöne kämpft, wird man Neonazi. So einfach ist das offenbar. Selbstredend will Althans auch als bekennender Holocaust-Leugner ganz lieb gewesen sein: "Als Neonazi war ich aktiv gegen Gewalt."

Sind die rassistischen und antisemitischen Phrasen, mit denen Althans bundesweit Aufsehen erregte, Jugendsünden eines Verirrten? Herauszufinden, wer der wahre Bela Ewald alias Bernd Althans ist und was er denkt, glich schon immer dem Versuch, einen Pudding an die Wand zu nageln. Über Jahre war Althans einer der wichtigsten Organisatoren von Veranstaltungen, bei denen Holocaust-Leugner zu Wort kamen. Filmaufnahmen dieser gruseligen Treffen mit einem ebenso gruseligen Publikum kursierten als Schulungsmaterial für neonazistische Gruppen. Über seine Agentur vertrieb er Nazi-Literatur, Platten, Videofilme und Ausrüstungsgegenstände. 1992 lief über Althans die gesamte Vorbereitung des so genannten "Rudolf-Heß-Gedenkmarsches". In den neuen Bundesländern trat Althans als Redner auf und agitierte Jugendliche, "schwachsinnige Glatzköpfe", wie er sie nennt. Althans war, nach Angaben Zündels, "freiberuflicher Mitarbeiter" für "Public Relations" in Sachen Revisionismus "und hat diese Aufgabe meist zufriedenstellend, manchmal sogar glänzend und ein paar Mal auch miserabel gelöst."

Das soll nicht der Wahrheit entsprechen: 1995 gab Althans schriftlich in einem nicht veröffentlichten Leserbrief an das schwule Magazin "magnus" (18.9.95) zu, Neonazi gewesen zu sein, "allerdings vor mehr als sechs Jahren". Er habe sich schon 1988 (!) aus der rechten Szene gelöst. Das sahen deutsche Gerichte anders. Der Regisseur Winfried Bonengel drehte 1992 den umstrittenen Film "Beruf Neonazi", Hauptdarsteller: Bela Ewald Althans. In einer Szene bezeichnet der Nazi-"Darsteller" die Gaskammern in Auschwitz als "Attrappen". Angeblich, so behauptete Althans vor Gericht, habe ihn der Regisseur nur "aufgepeitscht", Hetzreden zu halten. Aber selbst der Kameramann des Films nannte das Verhalten Althans’ bei den Dreharbeiten "widerlich und beschämend". Im August ‘95 verurteile das Berliner Landgericht Althans zu dreieinhalb Jahren Haft, unter anderem wegen Volksverhetzung, und ging damit um sechs Monate über den Strafantrag der Staatsanwaltschaft hinaus. Althans blieb uneinsichtig: Das Gericht habe sich "den Prozess quasi erschlichen."

Die Presse lügt. Das ist die Standard-Floskel aller Neonazis. Auch Althans fühlte sich als Opfer und von den Medien missverstanden. Wer ihn als Agitator erlebt hat, gewinnt einen anderen Eindruck. Er war kein "Führer". Dieses "Amt" hat das braune Milieu nicht zu vergeben, sondern es ist ein Etikett von außen, das in seinem Fall den Sachverhalt einfach nicht ganz traf. Althans war ein Fetisch der Medien, ein Ziehkind und ein protegiertes Geschöpf prominenter Altnazis wie Willi Krämer, ehemals Sonderreferent im Reichspropagandaministerium von Joseph Goebbels, wie Otto Ernst Remer, Ex-Generalmajor des Wachbataillons Großdeutschland, wie der Salonfaschist Professor Bernhard Willms, wie der umtriebige Ernst Zündel. Die hofierten und spornten ihn an, dort bekam er Anerkennung und Prestige. Ein Anführer ist immer Produkt der Masse, die er anführt. Und Althans bewegte sich offen in der Münchener Schwulenszene. Als das immer mehr bekannt wurde, verlor er in der rechten Szene an Boden. Die Masse wollte keine schwulen "Führer". Althans stieg zunächst nicht aus, er wurde ausgestiegen.

Althans war genug Zyniker, wie viele "Führer", dem Verfassungsschutz 1994, ein Jahr vor seinem Prozess, "umfangreiches Material", darunter 5000 Adressen anzubieten. Als Gegenleistung forderte er 360 000 Mark. Das sagte der bayerische Verfassungsschutz-Chef Gerhard Forster vor Gericht aus. Man habe das Angebot abgelehnt.

Natürlich war Althans notorischer Nazi, und natürlich ist er heute keiner mehr. Das gilt für ihn genauso wie für andere prominente Aussteiger: Ingo Hasselbach, laut einem Bonengel-Film damals "Führer von Berlin", Danny Thüring, "Kameradschaftsführer" von Wittenberg, heute Webdesigner in Frankfurt/Main, oder Jörg Fischer, ehemals intellektueller Drahtzieher in der DVU, der sein Coming-out als Schwuler und seinen Ausstieg aus dem braunen Milieu in einem Buch ("Ganz rechts") verarbeitete. Jeder hat das Recht auf Irrtümer. Allerdings: Wer sich damals mit denjenigen "Kameraden" verbunden hat, die Homosexualität als Verbrechen ansehen, der muss sich trotz Haftstrafe die Frage gefallen lassen, was ihn jetzt dazu bewegt, ausgerechnet in der Gay-Community sein Geld zu verdienen.

Es bleibt die moralische Pflicht, zu seiner Vergangenheit zu stehen und den Schaden, den man angerichtet hat, wiedergutzumachen. Althans machte Public Relations für Rassismus und Antisemitismus, er verführte junge Leute, er richtete gewaltigen ideologischen Flurschaden an. Wer da zur Tagesordnung übergehen will, der irrt schon wieder.

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